Hype trifft Realität
Die digitale Welt liebt Schlagworte. Früher hieß es „Content is King“, heute heißt es „Context is King“. Was damals SEO-Agenturen mit Versprechen über bessere Google-Rankings waren, sind heute neue Dienstleister, die mit Begriffen wie LLMO (Large Language Model Optimization) oder GEO (Generative Engine Optimization) werben.
Ihre Botschaft: Mit ein paar Tricks und Anpassungen könne man die Sichtbarkeit der eigenen Inhalte in KI-Antworten von ChatGPT, Google Gemini, Claude oder Perplexity erhöhen.
Doch diese Versprechen sind oft zu kurz gedacht. Denn Sprachmodelle funktionieren anders als Suchmaschinen. Wer glaubt, mit kosmetischen Änderungen am Quellcode die „Relevanz für KI“ zu steigern, verkennt die Funktionsweise moderner KI-Systeme. Dieser Artikel will keine Angst machen und auch kein „Anti-Manifest“ sein. Stattdessen geht es darum, seriös zu erklären, wie KI-Modelle Informationen tatsächlich verarbeiten, wo die Grenzen liegen und welche Maßnahmen für Unternehmen sinnvoll sind.
Wie Sprachmodelle wirklich arbeiten
Um zu verstehen, warum die gängigen LLMO-Versprechen unrealistisch sind, muss man zunächst klären, wie große Sprachmodelle (LLMs) überhaupt aufgebaut sind.
- Pretraining
Modelle wie GPT-4, Claude oder Gemini werden auf gewaltigen Datenmengen trainiert – bestehend aus Webseiten, Büchern, Foren, wissenschaftlichen Artikeln und mehr.
Dieses Training ist ein statischer Prozess: Die Datenbasis ist zum Zeitpunkt des Trainings eingefroren.
Webseiten-Änderungen wirken sich nicht in Echtzeit auf ein Modell aus – anders als bei Google-Suchergebnissen. - Fine-Tuning und Alignment
Nach dem Pretraining folgt oft ein Fine-Tuning, z. B. auf kuratierte Datensätze oder über Reinforcement Learning with Human Feedback (RLHF).
Auch hier gilt: Inhalte müssen explizit eingespeist werden. Es reicht nicht, die eigene Webseite hübscher zu formatieren. - Retrieval-Augmented Generation (RAG)
Systeme wie Perplexity oder Bing Chat greifen zusätzlich auf Suchindizes zurück. In diesen Fällen spielen klassische SEO-Faktoren und strukturierte Daten tatsächlich eine Rolle – allerdings nicht, weil es ein „LLMO“ gäbe, sondern weil diese Systeme schlicht Web-Suche mit KI kombinieren. Hier geht es um klassisches SEO + korrekte Strukturierung – nicht um esoterische Optimierungen.
Also können wir erkennen, dass Sprachmodelle nicht Websites live lesen. Nur in Kombination mit Retrieval-Systemen kommen frische Inhalte ins Spiel, und dort gelten im Wesentlichen dieselben Regeln wie für SEO.
Wie Sprachmodelle Informationen verarbeiten
- Muster statt Fakten
Ein Large Language Model (LLM) wie GPT-4 oder Claude ist kein Nachschlagewerk, sondern ein statistisches Vorhersagesystem. Es berechnet, welche Wörter mit hoher Wahrscheinlichkeit aufeinander folgen, basierend auf Milliarden von Beispielen aus Trainingsdaten.Das bedeutet:
KI kennt keine Fakten, sondern Wahrscheinlichkeiten.
Antworten sind immer eine generierte Annäherung, nicht die Garantie auf Richtigkeit. - Umgang mit fehlenden Daten
Wenn ein Modell zu einer Frage keine Daten „kennt“, passiert Folgendes.
Es erzeugt eine plausibel klingende Antwort – auch wenn diese falsch ist (Halluzination). Dies trifft besonders bei kleinen Modellen auf, die man auch selbst hosten kann, z.B. mit Ollama.
Beispiel: Auf die Frage „Wie viele Kaffeesorten wachsen in Island?“ könnte ein Modell erklären, es gäbe kleine Plantagen, obwohl dort tatsächlich kein Kaffee angebaut wird. - Ergänzung durch Werkzeuge
Um dieses Problem abzufedern, nutzen moderne Systeme Retrieval-Augmented Generation (RAG). Das bedeutet:
Neben dem Modell werden Werkzeuge eingebunden, etwa Web-Suche, Datenbanken oder APIs.
So können fehlende Informationen in Echtzeit nachgeschlagen werden.Beispiele:
Perplexity.ai zeigt aktiv Quellen an.
ChatGPT kann mit aktiviertem Browsing Websites durchsuchen.
Google Gemini nutzt die Suchindizierung von Google. - Konsequenz
Die Qualität der Antworten hängt nicht von kosmetischen Website-Anpassungen ab, sondern von:– der Qualität und Verfügbarkeit von Datenquellen,
– der Integration in Suchindizes,
– und der Validierbarkeit der bereitgestellten Informationen.
Warum „LLMO-Tricks“ und der Buzz nicht laborieren
Oft wird suggeriert, man könne durch neue Schlagworte wie „LLMO“ oder durch Pseudotechniken wie eine llms.txt-Datei Einfluss auf KI-Systeme nehmen. Genauso gut könnte man eine Kartoffel um Mitternacht auf einem Acker vergraben und mit einem „Suchzauber“ für AI´s aussprechen. Auch hier gibt es keinen „Standard“, da jeder Wettbewerber in diesem Segment, das Schlüsselelement, die Trainingsdaten anders verarbeitet. Die Anbieter von solchen „Zaubersprüchen“ und „Hexenritualen“ sind sich sicher.
Doch die Realität ist eine andere:
- Kein Live-Crawling: LLMs lesen Websites nicht permanent mit. Sie werden auf einem statischen Datensatz trainiert, der Monate oder Jahre alt sein kann.
- Retrieval = klassische SEO: Wenn KI-Systeme auf Web-Inhalte zugreifen, geschieht das über Suchmaschinenindizes. Damit gelten die altbekannten SEO-Regeln: saubere Struktur, gute Inhalte, Autorität.
- Keine Rankings in KI: Es gibt kein festes Ranking-System wie bei Google. Ob Inhalte auftauchen, hängt von der Quelle, Struktur und Glaubwürdigkeit ab – nicht von geheimen Optimierungstricks.
Kurz: „Optimierung für KI“ klingt modern, ist in der Praxis aber meist eine Re-Edition alter SEO-Konzepte auch bekannt unter dem Begriff: AWINS (Alter Wein in neuen Schläuchen)
Das eigentliche Problem: Vertrauenswürdige Daten
Statt über kosmetische Tricks zu sprechen, sollten wir uns auf die echten Herausforderungen konzentrieren:
- Qualität der Trainingsdaten
– Schlechte oder fehlerhafte Quellen führen zu fehlerhaften Antworten.
– Biases in den Daten spiegeln sich direkt im Modell wieder. - Validierbarkeit und Transparenz
– Viele Modelle nennen ihre Quellen nicht.
– Nutzer können Antworten nur schwer überprüfen. - Aktualität
– Ohne Anbindung an aktuelle Daten bleiben Modelle auf dem Stand ihres letzten Trainings.
– Für Unternehmen bedeutet das: Inhalte aus 2023 können 2025 im Modell schon irrelevant sein. - Rechtliche Fragen
– Wem gehören die Inhalte, die ins Training fließen?
– Dürfen Modelle urheberrechtlich geschützte Daten einfach verwenden?
Hier liegt die wirkliche Herausforderung für KI im Unternehmenskontext: Daten, die verlässlich, nachvollziehbar und rechtlich sauber sind.
Was Unternehmen wirklich tun können
Trotz aller Einschränkungen gibt es seriöse Maßnahmen, um Inhalte KI-freundlich zu machen – ohne in Buzzword-Fallen zu tappen.
- Strukturierte Daten
Schema.org und JSON-LD einsetzen, um Informationen maschinenlesbar zu machen.
Beispiel: Rezepte, Produktinformationen, FAQs lassen sich so eindeutig kennzeichnen. - Offene Schnittstellen
APIs oder Datenfeeds bereitstellen, damit KI-Systeme auf aktuelle Informationen zugreifen können.
Beispiel: Ein Reiseanbieter könnte Preise und Verfügbarkeiten per API bereitstellen, statt nur in HTML. - Datenpflege & Aktualität
Inhalte regelmäßig aktualisieren.
Veraltete Informationen entfernen, neue Trends aufnehmen.
Tools wie Google Trends oder Perplexity eignen sich, um neue Fragen der Nutzer früh zu erkennen. - Reputation & Autorität
KI-Systeme greifen bevorzugt auf verlässliche, bekannte Quellen zurück.
Unternehmen sollten daher an ihrer digitalen Reputation arbeiten, durch Publikationen, Kooperationen und Sichtbarkeit in vertrauenswürdigen Medien. - Klare Nutzungsrechte
Inhalte sollten mit klaren Lizenzen versehen werden, die eine Verwendung in KI-Systemen erlauben oder einschränken.
Das schafft Rechtssicherheit und Transparenz.
Beispiel: Kaffeemaschine reinigen – mit und ohne valide Daten
Frage: „Wie reinige ich eine Kaffeemaschine?“
- Ohne valide Quelle:
Das Modell generiert allgemeine Schritte („entkalken, ausspülen, reinigen“), die plausibel klingen, aber möglicherweise wichtige Details auslassen. - Mit valide strukturierter Quelle:
Hat die KI Zugriff auf eine FAQ oder Anleitung mit klaren Schritten (als strukturierte Daten oder API), kann sie diese präzise wiedergeben und den Nutzer auf die Quelle verweisen.
Dieses Beispiel zeigt: Nicht Quellcode-Fummeln, sondern valide Datenquellen machen Inhalte für KI wertvoll.
Nüchtern bleiben, seriös handeln
KI ist ein mächtiges Werkzeug, aber kein magisches Ranking-System.
- Buzzwords wie LLMO oder GEO suggerieren Kontrolle, die so nicht existiert.
- Sprachmodelle arbeiten auf Basis statistischer Muster und können fehlende Daten nur plausibel „halluzinieren“.
- Seriöse Sichtbarkeit entsteht nicht durch Tricks, sondern durch:
- saubere Datenstruktur,
- offene Schnittstellen,
- regelmäßige Pflege,
- Reputation und Autorität.
Unternehmen sollten daher nicht in vermeintliche LLMO-Pakete investieren, sondern in valide, nachvollziehbare und gepflegte Datenstrategien.
Denn in einer Welt, in der KI zunehmend Informationen verarbeitet, gilt:
Nicht „Optimierung“ ist der Schlüssel, sondern Vertrauen, Transparenz und Datenqualität.
Zum Author:
Peter Gruson, Gründer und Geschäftsführer der Werbeagentur Dreamland
Seit 1986 im Internet aktiv, liegt das Interesse von Peter auf der sozio-ökonomischen Ebene des Netzes, die Informations- und Kommunikations- verhalten basierenden Beziehungen und Potentiale. Auf sein „Konto“ gehen technische Innovationen und Entwicklungen für Intel USA, Hubert Burda, Nokia und RTL. Berichte über seine Arbeiten in den diversen Medien, u.a. ZDF, Spiegel Online, Südwest Presse, NYFT…






























Versuchen Sie es doch mal mit etwas süßem!




Das Suchmaschinenmarketing ist zurzeit das hellste Gestirn am Kommunikationshimmel und hat in den vergangenen Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen. Denn vor allem medienübergreifende Strategien haben sich verstärkt und besonders bei den werberelevanten Zielgruppen durchgesetzt. Und um in den unendlichen Weiten des Internets nicht den Überblick zu verlieren und gesuchte Informationen schnellstmöglich zu ermitteln, nutzen die Verbraucher Suchmaschinen wie Yahoo, Google oder MSN Live.